75 Jahre Befreiung von Buchenwald – eine kleine Tour

Knut Meenzen
KV-SHKBO Region Nord

Am 11. April 2020 jährt sich die Befreiung der Konzentrationslager Buchenwald und Mittelbau-Dora zum 75. Mal. Zu diesem Anlass waren zahlreiche Gedenkveranstaltungen - auch mit Zeitzeugen - geplant, welche nahezu alle aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt werden mussten.

Um unter den momentan ungünstigen Bedingungen ein würdiges Gedenken zu ermöglichen, hat die Lagergemeinschaft Buchenwald-Dora/Freundeskreis e.V. einen Aufruf gestartet. Aus Anlass der Befreiung sollen von antifaschistischen Initiativen Orte des Gedenkens aufgesucht und dies dokumentiert werden.

Der nördliche Saale-Holzland-Kreis wird komplett von der heutigen Bundesstraße 7 durchzogen. Entlang dieser Straße gibt es zahlreiche Gedenkorte, welche an die Opfer des Todesmarsches erinnern sollen.

Kurzentschlossen habe ich einen Tag vor dem Jahrestag meine drei Jungs (12, 8 und 4 Jahre) ins Auto gesetzt und wir sind die Strecke des Todesmarschs durch den nördlichen SHK abgefahren.

Begonnen haben wir in Großlöbichau. Hier steht ein Denkmal für 37 Häftlinge, welche nach einem Fluchtversuch auch mit Hilfe der örtlichen Bevölkerung wieder gefasst und hingerichtet worden sind. Dieser Gedenkstein war mir in den vielen Jahren, die ich diese Strecke fahre nie aufgefallen.

Den nächsten Standort kenne ich sehr gut seit meiner Kindheit. Auf dem Friedhof Rodigast wird an 12 Ermordete erinnert. In der Grundschule waren wir regelmäßig im Schullandheim Taupadel und haben auf dem Weg vom Bus nach Taupadel dort Halt gemacht. Als Grundschüler wurde uns so ein Teil dieser Geschichte näher gebracht. Sicher nicht immer historisch einwandfrei und auch nicht gänzlich ohne Ideologie - aber das ändert nichts an den schrecklichen Geschehnissen.

In Bürgel wird direkt auf einer Grünfläche vor dem Rathaus an den Todesmarsch von 1945 und dessen Opfer erinnert. In der Umgebung von Bürgel starben schätzungsweise 20 Häftlinge, welche auf den Friedhöfen Thalbürgel, Bürgel und Eisenberg beigesetzt worden sind.

In Eisenberg am Friedenspark steht eines der bekanntesten Denkmäler. Traditionell findet hier das Todesmarschgedenken der Eisenberger GenossInnen der LINKEN und der SPD statt. Häufig sind auch SchülerInnen der Eisenberger Schulen und weitere BürgerInnen mit vertreten. Dieses Jahr fällt diese Art des Gedenkens nun leider aus. Auf dem Eisenberger Friedhof sind 35 ermordete Häftlinge aus der Umgebung bestattet.

Wenige Kilometer hinter Hartmannsdorf verläßt die B7 und somit die Route des Todesmarsches unseren Landkreis. Hier gibt es sowohl auf dem Friedhof, als auch direkt an der Bundesstraße Gedenkorte, welche auch vom örtlichen Heimatverein gepflegt werden. Auf dem Hartmannsdorfer Friedhof wird 33 Opfern gedacht, welche in der Umgebung nach dem Todesmarsch gefunden worden sind.

Auf den ca. 25 Kilometern zwischen Großlöbichau und Hartmannsdorf sind schätzungsweise 130 Todesopfer dokumentiert. Um es sich bildlich zu machen, alle knapp 200 Meter ist ein Mensch gestorben oder ermordet worden.

Meinen Jungs habe ich es so versinnbildlicht: Auf den ca. 400 Meter Steinweg in Eisenberg bis auf den Markt wären drei Menschen getötet worden.

Es ist mir teilweise schwer gefallen, die richtigen Worte zu finden, ohne all zu beunruhigende Bilder in den Köpfen der Kinder zu erzeugen. Es war mir aber wichtig, mit ihnen über diese Geschichte zu sprechen.

Ich konnte allerdings keinem der drei eine befriedigende Antwort auf ihre Frage geben, warum die Menschen eingesperrt und ermordet worden sind. Nur weil sie einen anderen Glauben hatten oder aus anderen Ländern kamen? Das sind wahrlich keine nachvollziehbaren Gründe.

Ich hoffe, dass die Mehrheit der Menschen auch in Zukunft das Unverständnis meiner drei Jungs haben werden und es nie wieder so weit kommen lassen, das Menschen grundlos eingesperrt und ermordet werden.

Knut Meenzen

Quelle: https://www.digitalarchiv-buergel.de/media/archiv/kloster-und-kirchengeschichte/friedhoefe/SHK_-_Landkarte_der_Erinnerung.pdf